Über die Erfahrung

„Everybody Is Gone“ ist ein persönliches und interaktives Projekt des immersiven Journalismus. Mit Hilfe von Live-Theateraufführungen, Museumsgalerien, Forschung und Berichterstattung bietet „Everybody Is Gone“ dem Publikum Einblicke in die alltäglichen Repressalien, die die Uiguren und andere Menschen im Uigurischen Heimatland zu erdulden haben.

Warum heißt diese Veranstaltung Everybody is Gone?

Der Satz „Alle sind verschwunden“ ist sowohl ein Euphemismus als auch eine Tatsache, eine Metapher und eine tief empfundene Tragödie. Inspiriert von einem Artikel von Gene Bunin aus dem Jahr 2018, einem Wissenschaftler, der sich dafür einsetzte, das Bewusstsein für die anhaltende Krise in den Uigurengebieten zu schärfen, beschreibt der Titel Everybody Is Gone einen tiefen Riss im Fundament der Gesellschaft.

Der Titel steht für das kollektive Gefühl des Verlustes, für das plötzliche Verschwinden so vieler Menschen im dunklen Schlund des Sicherheitsstaates.

Er nimmt Bezug auf die Angst der Menschen, das auszusprechen, was für sie und alle anderen um sie herum so deutlich sichtbar ist.

Für im Ausland lebende Uiguren erfasst dieser Titel die plötzliche und erzwungene Funkstille zwischen ihnen und ihren Lieben in der Heimat.

Außerdem ist er eine Anspielung auf die heimtückische Auslöschung der uigurischen Kultur und Sprache durch die chinesische Regierung; die überlebenden Uiguren sind für immer von dieser Erfahrung geprägt, sowohl im Herzen als auch in der Art und Weise, wie sie sich dem Rest der Welt präsentieren.

Was uns erwartet

Zuschauer sind herzlich eingeladen, während der Veranstaltung an einer Reihe verschiedener Aktivitäten teilzunehmen. Dabei haben sie Interaktionen sowohl mit Mitgliedern des „Everybody Is Gone“-Teams als auch mit anderen Teilnehmern. Zentrale Themen der Veranstaltung sind Zwangsmaßnahmen, Inhaftierung, Überwachung und der Sicherheitsstaat. Zwar werden Teilnehmer, die das Angebot umfassend nutzen, am meisten von dem Event profitieren, aber selbstverständlich steht es jedem Teilnehmer offen, die Teilnahme an einzelnen Aktivitäten zu verweigern bzw. die Anlage jederzeit zu verlassen.

Die Lingua franca der Veranstaltung ist Englisch. Teilnehmer werden mit dem Team und einander voraussichtlich mündlich und schriftlich in englischer Sprache kommunizieren.

People

Dr. Mukaddas Mijit ist Ethnomusikologin, Filmemacherin und Künstlerin. Sie wurde in Urumchi, der Hauptstadt ihrer Uigurischen Heimatregion geboren. Nachdem sie 2003 in Paris ein Studium der klassischen Musik begann, wurde ihr bewusst, wie wenig die uigurische Kultur im Ausland bekannt war. Daraufhin nahm sie ihre Studien in der Ethnomusikologie auf und forschte zur Inszenierung von uigurischem Tanz und Musik. 2015 erlangte sie ihre Promotion. Als Tänzerin ist Mijit international bekannt. Sie hat mit zahlreichen Kunstschaffenden kollaboriert und eigene Werke erschaffen, die traditionelle uigurische Musik und Tanz mit anderen Kulturen und Stilen kombinieren. Als Filmemacherin produzierte sie mehrere ethnografische Dokumentationen, unter anderem „Qetiq, Rock’n Ürümchi“ (nominiert für das 10. Aljazeera International Dokumentarfilmfestival in 2014). Zuletzt schrieb sie das Drehbuch für den Film „Nikah“, bei dem sie auch die Co-Regie übernahm. Der Film beschreibt die doppelten Herausforderungen, denen sich uigurische Frauen angesichts traditioneller Sozialmoral und politischer Unterdrückung in China gegenübersehen. Mijit ist darüber hinaus Mitschöpferin, Co-Direktorin und Schauspielerin in „Alle Sind Verschwunden“, einer interaktiven Theaterproduktion, die verhindern soll, dass die andauernde Krise in ihrer Heimat in Vergessenheit gerät. Sie ist außerdem Mitschöpferin und Co-Moderatorin von „WEghur Stories“, dem ersten Podcast, der sich exklusiv mit der uigurischen Diaspora auseinandersetzt. Sie spricht Uigurisch, Chinesisch, Französisch, English, Türkisch, Usbekisch, Kasachisch und Kirgisisch.

Jessica Batke ist leitende Redakteurin bei ChinaFile. Sie recherchiert über Chinas innenpolitische und soziale Entwicklungen, einschließlich der Probleme in der Uiguren-Region. Zuvor war sie als Forschungsanalytikerin im Bureau of Intelligence and Research des Auswärtigen Amtes tätig. Sie ist zudem musikalische Direktorin des neuen Musicals „Kandahar”, das von einer Familie erzählt, die sich durch die aufeinanderfolgenden Auslandsinvasionen in Afghanistan durchschlägt. jessicabatke.com

John Bair ist ein amerikanischer Schriftsteller, der sich auf den Dialog zwischen Politik und Berichterstattung spezialisiert hat. Er hat bereits als außenpolitischer Experte, politischer Referent und Medienberater gearbeitet. Neben seinem Beitrag zu „Everybody Is Gone” ist er Mitgestalter und -produzent von „WEghur Stories”, dem ersten vollständigen Podcast über die Uigurische Diaspora. Außerdem ist er Co-Autor des aktuellen Musicals “Kandahar”, das mit Hilfe der afghanischen und amerikanischen Volksmusik das Erbe des amerikanischen Afghanistan-Engagements thematisiert. John ist auch ein kooperierender Künstler bei The New Wild, einem multidisziplinären Kunstlabor. Er hat einen Universitätsabschluss im Fach Asien- und Nahoststudien vom Dartmouth College und einen Master of Education von der George Washington University.

Nic Benacerraf ist ein in Brooklyn wohnhafter Szenograf, Kreativdirektor und Akademiker. In seiner künstlerischen Tätigkeit konstruiert Nic ein soziales und räumliches Ambiente für authentische persönliche Begegnungen und demontiert zugleich die Mechanismen der kulturellen Ausgrenzung. Nachdem er 15 Jahre lang als Co-Künstlerischer Direktor bei The Assembly tätig war, ist er nun Gründungsmitglied der Edge Effect Media Group, die kollaborative Techniken aus dem Theaterbereich dazu einsetzt, Führungskräfte aus allen Fachbereichen bei der Entwicklung von multimedialen Produktionen zu vereinen. Seine preisgekrönte Theaterarbeit als Bühnenbildner führte ihn zu einer Zusammenarbeit mit Ensembles wie The Living Theatre und The Yes Men, an Spielstätten wie dem La MaMa und dem Lincoln Center. Nic erhielt seinen Master of Fine Arts am CalArts und promoviert derzeit in Theater und Performance am CUNY Graduate Center, wo er sich mit den Wurzeln der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der theatralen Bevölkerungsregulierung beschäftigt. www.nicbenacerraf.com/

Marina McClure ist eine Theater-, Opern- und Schauspielregisseurin, die sich auf die Umsetzung von geografisch geprägten Geschichten für ein internationales Publikum spezialisiert hat. Ihre Arbeit ist für ihre beeindruckende visuelle Gestaltung und physische Darbietung bekannt und wurde mit mehreren MAP Fund Awards, dem Gurdin Prize, der „On Our Radar”-Liste von Creative Capital und einer Drama Desk-Nominierung für ein einzigartiges Theatererlebnis ausgezeichnet. Sie leitet das multidisziplinäre Künstlerlabor The New Wild, für das sie gegenwärtig die Premieren von Letters From Home, einer multimedialen Soloshow in Zusammenarbeit mit einem kambodschanisch-amerikanischen Vater-Tochter-Team, und Kandahar, einem modernen Musical, das sich mit dem Erbe der ausländischen Intervention in Afghanistan beschäftigt, betreut. Sie hat es äußerst geschätzt, bei Wing It! Regie zu führen, einem Festumzug und einer groß angelegten Gemeinschaftsaufführung für die Handspring Puppet Company zur Feier des südafrikanischen Nationalen Versöhnungstages. MFA: CalArts. www.marinamcclure.com

Lisa Ross ist Fotografin, Videokünstlerin und Pädagogin und lebt in New York. Ross’ Arbeit dreht sich um die Grenzräume, in denen Glaube, Kultur und Abstraktion aufeinandertreffen. Ihre immersiven Landschaften und frühen Schwarz-Weiß-Arbeiten erkunden die Oberfläche des Landes. Dabei enthüllt sie die Strukturen der Kultur sowie die politischen Realitäten, die untrennbar mit dem Ort verbunden sind. Ross hatte Ausstellungen in den USA und Europa. Ihre Arbeiten wurden im Rubin Museum of Art, New York, der Tianshui Photo Biennale in China, im Fotografiska Museum in Schweden, an der University of London, der Brunei-Galerie, La Vielle Charite in Marseille, Frankreich, Gulf Photo Plus in Dubai, an der Harvard University und an der UC Berkeley ausgestellt. Ross erhielt eine Künstlerresidenz im Watermill Center und ein Reisestipendium des Asian Cultural Council of New York. 2018 war sie Artist-in-Residence in der View Art Gallery in Lanzhou, China. studiolisaross.com

Michael Weinberg arbeitet als Rechtsanwalt und Aktivist im Spannungsfeld von Innovationsrecht und -politik. Michaelweinberg.org.